Nachruf – wir nehmen Abschied von Dr. Lebrecht Jeschke

Wir trauern um Dr. Lebrecht Jeschke, der am 15. Juli im Alter von 92 Jahren verstarb. Er war seit Gründung der Michael Succow Stiftung bis zu seinem 70. Lebensjahr im Stiftungsrat aktiv und ist seither Ehrenmitglied des Stiftungsrates.

Mit unserem Stifter verband ihn eine langjährige Freundschaft, die bis zu Michael Succows Studienzeit in Greifswald zurückreicht – gemeinsam waren sie im Studentenzirkel Jean-Baptiste Lamarck aktiv, später über lange Jahre im Kulturbund der DDR. Lebrecht Jeschke war nach seinem Biologiediplom als Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Landschaftsforschung und Naturschutz (ILN) angestellt, wo er bis zum Ende der DDR als Geobotaniker für die drei Nordbezirke tätig war. Seine Promotionsschrift befasste sich mit der Vegetation der Stubnitz (heute Nationalpark) auf der Ostseeinsel Rügen. An der Universität zu forschen und lehren blieb ihm verwehrt, da er kein SED-Mitglied war und seine Eltern mit dem älteren Bruder in die BRD übergesiedelt waren. So widmete er sich mit ganzer Kraft dem Naturschutz, zahlreiche Naturschutzgebiete wurden durch ihn geschaffen – unter anderem auch die jetzige Stiftungsfläche in Lanken bei Greifswald. Ehrenamtlich war er im Kulturbund der DDR aktiv und leitete dort viele Jahre den Zentralen Fachausschuss Botanik. Unter anderem veröffentliche Lebrecht Jeschke in diesem Rahmen, gemeinsam mit Hannes Knapp, Michael Succow und anderen, die ersten Roten Listen in der DDR und die Publikation „Die gefährdeten Pflanzengesellschaften auf dem Territorium der DDR“ (1985). Das gemeinsam mit Michael Succow verfasste Buch „Moore in der Landschaft“ (im Urania-Verlag 1986) erlebte mehrere Auflagen in Ost- und Westdeutschland – Lebrecht Jeschkes Talent als Fotograf trug sicherlich maßgeblich dazu bei. 

Mitte Januar 1990 folgte Lebrecht Jeschke Michael Succow nach Berlin in das neu gestaltete Ministerium für Naturschutz, Umweltschutz und Wasserwirtschaft der DDR. Er war dort entscheidend an der Konzipierung und Durchsetzung des Nationalparkprogramms beteiligt. Auch bei der Etablierung der Insel Vilm als „Internationale Naturschutzakademie“ gemeinsam mit Hannes Knapp war er von Anfang an dabei. Von 1991 bis zu seiner Pensionierung 1998 war er als Direktor des Landesnationalparkamtes Mecklenburg-Vorpommern für den Aufbau der Nationalparke, Biosphärenreservate und Naturparke im Lande verantwortlich. 

Ab 1999 war Lebrecht Jeschke als Mitglied des Stiftungsrates in der gerade neu gegründeten Michael Succow Stiftung an vielen Aktivitäten der Stiftung beteiligt, unter anderem bei der Entwicklung von Behandlungsrichtlinien für unsere Stiftungsflächen, bei den Nationalparkprojekten in Aserbaidschan, den erfolgreichen Nominierungen Europäischer Buchenwälder und der Kaspischen Wälder (Iran und Aserbaidschan) als UNESCO Weltnaturerbe.

Von „Ruhestand“ konnte auch außerhalb von Lebrecht Jeschkes Tätigkeit im Stiftungsrat keine Rede sein, er nutzte die Zeit für endlich mögliche lange Studienreisen und größere Publikationen, wie die Stiftungsbücher „Die Krise als Chance – Naturschutz in neuer Dimension“ (2001) und „Naturschutz in Deutschland“ (2012) gemeinsam mit Michael Succow und Hans Dieter Knapp, das über 700 Seiten umfassende Standardwerk über die Naturschutzgebiete in Mecklenburg-Vorpommern (2003), mit Uwe Lenschow und Horst Zimmermann, sowie „Nationalpark Jasmund – Weltnaturerbe auf Rügen“ (2019) mit Hans Dieter Knapp. Noch in seinem 90. Lebensjahr 2023 erschien „Deutschlands Moore. Ihr Schicksal in unserer Kulturlandschaft“, das die lebenslange Verbundenheit der beiden Autoren Lebrecht Jeschke und Michael Succow mit den Mooren eindrucksvoll dokumentiert. 

Mit Lebrecht Jeschke verlieren wir einen engen Freund, einen engagierten Streiter für die Natur und eine herausragende Persönlichkeit. Unser tiefes Mitgefühl gilt seiner Familie.