Vom Mannhagener Moor übers Meer bis nach Jakarta

In der ersten open air Lesung im Mannhagener Moor am vergangenen Wochenende schlug der Moorkundler Prof. Hans Joosten einen unterhaltsamen rhetorischen Bogen über die Abstammung von Wörtern bis hin zum Moorschutz. Denn das Moor in Mannhagen soll jetzt dank der finanziellen Unterstützung der PlanBe Stiftung und der Deutschen Postcode Lotterie durch die Succow Stiftung restauriert werden. Die Moorlesung bildete den Auftakt und machte darauf aufmerksam, wie wichtig nasse Moore für den Klima- und Naturschutz sind.

Angereist per Rad, Bahn und Fahrgemeinschaft, trafen sich unter freiem Himmel 25 Zuhörerinnen und Zuhörer im Mannhagener Moor. Die Michael Succow Stiftung, Partner im Greifswald Moor Centrum, und die PlanBe Stiftung hatten zur Lesung im Moor geladen und Prof. Joosten diskutierte wortgewandt mit den Teilnehmenden zwischen Wollgras und Sumpfporst wie Mensch und Moor zusammengehören und Natur- wie Kulturgeschichte diese Landschaft bis heute prägen.

Die Lesung startete mit einer gemeinsamen Wanderung. Gespickt war diese mit literarischen Zwischenstopps im Naturschutzgebiet, welches sich zur Hälfte seit 2011 im Eigentum der Succow Stiftung befindet. Das Mannhagener Moor ist ein Beispiel zum historischen Umgang mit Mooren. Mit der Entwässerung zugunsten der umgebenden landwirtschaftlichen Flächen hat es stark gelitten.

So kam in ausgewählten historischen Schriftstücken zum Beispiel das ZBE Melioration Grimmen zur Maßnahme “Rekonstruktion Naßstelle 22 am Mannhäger Moor” zu Wort, um zu erläutern, warum der Entwässerungsgraben gezogen werden musste, aber ebenso die Gegenseite, das Institut für Landschaftsforschung und Naturschutz, die große Einwände gegen den Bau formulierte und gravierende Veränderungen im Gebiet nach der Umsetzung beobachtete.

Heute ist man sich des naturschutzfachlichen Werts und der Klimawirkung nasser Moore sehr bewusst und Hans Joosten schaffte es in 45 Minuten seiner Lesungszeit einen großen Bogen zu schlagen, vom Moor zum Meer, von der Bedeutung der Perspektive, dem Moor als einer der wenigen Orte, an denen man einen Überblick hat und der wie das Meer von Offenheit geprägt ist. Auf dem man gut vorankommt, aber auch Wagnisse eingehen muss, da man sich der Tragfähigkeit der Böden nicht sicher sein kann. Dies passt sinnbildlich zu den Wagnissen, auf die sich die Succow Stiftung und die PlanBe Stiftung eingelassen haben, um das Mannhagener Moor zu restaurieren.

„Die Restaurierung ist ein zeitintensives Projekt mit vielen unterschiedlichen Herausforderungen, die man bei der Wiedervernässung eines Moores in Mecklenburg-Vorpommern zu meistern hat. Dies fängt bei der Flächenverfügbarkeit an und geht mit der notwendigen Zustimmung aller betroffenen Akteure weiter“, sagte Dr. Nina Seifert als Koordinatorin der Arbeitsgruppe „Nationales Naturerbe und zukunftsfähige Landnutzung“ der Succow Stiftung in ihren eröffnenden Worten.

Zur Klimawirkung erläuterte Michael Bellwinkel, Vorstand der Klimaschutzstiftung PlanBe: „Trockengelegte Moore sind Treibhausgas-Großemittenten. Sobald der Torf nicht mehr vom Wasser umschlossen ist, verbindet sich der Kohlenstoff darin mit dem Sauerstoff der Luft zum Treibhausgas CO2. In Deutschland sind fast alle Moore – der größte Teil sind landwirtschaftlich intensiv genutzte Flächen – trockengelegt. Insgesamt emittieren sie mehr Treibhausgase als der Flugverkehr in Deutschland. Das ließe sich stoppen, indem die Entwässerung von Mooren gestoppt und dadurch der Kontakt des Torfes zur Luft unterbunden würde. Mit dem im letzten Jahr gestarteten Projekt „Klimaschutz durch Wiedervernässung des Mannhagener Moores“ wollen wir genau das tun.“

Hürden sind also noch zu überwinden, um den Wasserstand des Moores wieder naturnah zu gestalten. Dafür braucht es auch die Sensibilisierung, wie sich der Standort seit der ersten Entwässerung verändert hat. Prof. Hans Joosten schätzt, dass in den letzten 300 Jahren gut und gerne 1,70 Meter Torf buchstäblich „in die Luft“ gegangen sind. So lag vermutlich auch die Wiese, auf der die 25 Teilnehmenden Platz genommen hatten, vor Jahrhunderten noch unter einer dicken Torfschicht.

Und wie kommt man nun von Mannhagen nach Jakarta? Joosten verabschiedete sich am Hechtteich nach Lesungsende schnell, denn er muss sich noch vorbereiten für seine Teilnahme an einem Treffen der G20 Umweltminister*innen, das nach unserer Zeit um 4.00 Uhr morgens beginnen soll. Es geht – natürlich – um die schnelle Umsetzung von Moor- und Klimaschutz.

Videoimpression der Lesung

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